Wir alle träumen. Mehr oder weniger.
Viele träumen nur schlafend. Manchen Träumen genügt das nicht. Sie weben sich hinein in ihre Tage. Und weil sie als Tagträumer belächelt werden, verbannen sie diese ins Licht keimenden Träume wieder zurück in das amorphe Dunkel ihrer Nächte.
Ich weiß nicht, ob man Mut braucht, um durchlässig zu werden für das, was sich aus dem Inneren chiffriert ins Bewusstsein drängt. Um dort gelesen oder gar erschaffen zu werden.
Ich weiß auch nicht, ob es immer eine Sehnsucht ist, die, einmal aus den Labyrinthen der Traumwelt entziffert, in unser Leben eindringt und sich in ihm fordernd und übermächtig ausbreitet.
Ich weiß, um einen Traum in den Tag hinein zu träumen, genügt es, ein Tagträumer zu sein. Das ist nicht wenig. Und den meisten fehlt der Mut dazu. Sie nehmen ihn nicht ernst, ihren Traum. Versperren ihm den Zugang zu ihren Tagen
Diese Menschen träumen nicht eigentlich.
Ihre Träume träumen sich selbst. Blubbern hoch aus den Tiefen ihres eigenen Traumfundus. Und dem der gesamten Menschheit. Führen ihr Eigenleben in ihren Nächten. Formen sich zu Bildern und Symbolen, düsteren Wolken und heiteren Düften. Verketten sich zu bizarren Anekdoten. Verquirlen sich ineinander.
Und verblassen wieder, wenn sie erwachen.
Oft bleibt nicht einmal ein Funken Erinnerung an diese Träume oder Traumfetzen zurück.
Vielleicht ahnen sie, dass das Geträumte Einlass in ihre Tagwelt begehrt. Und sich vor ihrem inneren Zensor versteckt hält. Es schwelt aber jenseits ihres Bewusstseins in ihnen weiter. Lagert sich in ihnen ein. Und sie tragen es unerkannt in sich herum.
Manchmal jedoch lebt ein Traum so unvermittelt in unseren Tag hinein, dass er bereits Gestalt annimmt, noch ehe wir ihn abwehren und in die Traumwelt zurückzuschicken vermögen. So ein Traum entsteht aus einer tief in uns eingesunkenen Sehnsucht. Die ihn ans Licht zu zerren versucht. Um ihn aus der Traumwelt in die Tagwelt umzupflanzen, genügt es nicht, weiter zu träumen. Ein solcher Traum will erwachen. Verwirklicht werden. Fordert seinen Platz in unserem Leben.
Er wird zum Lebenstraum.
Ich weiß nicht, ob es für manche Menschen möglich ist, dem alles vereinnahmenden Fordern eines ins Bewusstsein drängenden Lebenstraums zu widerstehen.
Ich weiß nur, ich habe es nicht geschafft.